Erich Kästner – der Kinderbuchautor

Jeder kennt seine Kinderbücher, wie Das doppelte Lottchen, Emil und die Detektive oder Das fliegende Klassenzimmer. Er schrieb aber auch humoristischen und zeitkritischen Gedichte.

Geboren wurde er am  23. Februar 1899 in Dresden, sein Vater Emil Richard Kästner (1867–1957) war Sattlermeister in einer Kofferfabrik. Die Mutter, Ida Kästner geb. Augustin (1871–1951), war Dienstmädchen und Heimarbeiterin und wurde mit Mitte dreißig Friseurin. Zu seiner Mutter hatte Kästner eine äußerst intensive Beziehung. Schon als Kind erlebte er ihre Liebe als geradezu ausschließlich auf ihn bezogen – ein anderer Mensch spielte in ihrem Leben eigentlich keine Rolle. In seiner Leipziger und Berliner Zeit verfasste er täglich vertrauteste Briefe oder Postkarten an sie. Auch in seinen Romanen lässt sich immer wieder das Mutter-Motiv finden. Später kamen nie bestätigte Gerüchte auf, dass der jüdische Arzt Emil Zimmermann (1864–1953) – der Hausarzt der Familie – sein leiblicher Vater gewesen sei.

[…] ich komme aus ganz kleinen Verhältnissen, mein Vater war ein Facharbeiter und auch Sozialdemokrat natürlich. Ich habe als Kind schon erlebt, wie die Arbeiter streikten und wie die berittene Gendarmerie mit herausgezogener Plempe da auf die Leute losschlug, die dann mit Pflastersteinen die Laternen einschlugen, und ich habe heulend neben meiner Mutter am Fenster gestanden. Mein Vater war da unten mit dabei – also da haben wir schon zwei entscheidende Dinge.“
– Erich Kästner

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Das fliegende Klassenzimmer

fliegklassenz

Der Roman beginnt mit einer Rahmenhandlung, in der der Autor, Erich Kästner persönlich, selbst als Figur auftritt. Die ersten Kapitel beschreiben, wie er beschließt, in seinem Sommer-Urlaub im oberbayrischen Grainau eine Weihnachtsgeschichte zu schreiben: Dieser Roman soll von Gymnasiasten eines oberbayrischen Internats kurz vor den Weihnachtsferien handeln. Die Hauptpersonen sind fünf befreundete Internatsschüler, die für die nahende Weihnachtsfeier ihr Theaterstück Das fliegende Klassenzimmer proben und die Vorweihnachtszeit auf unterschiedliche Weise erleben. Es sind dies der Klassenprimus Martin Thaler, gewissenhaft und ein Gerechtigkeitsfanatiker, der wegen der Armut seiner Eltern über Weihnachten nicht nach Hause fahren kann; der von seinen leiblichen Eltern verlassene schweigsame und introvertierte Jonathan „Johnny“ Trotz, der Weihnachten im Internat verbringt, da sein Adoptiv Vater ein Überseekapitän ist; Matthias Selbmann, körperlich stark, dickfellig und gutmütig, der sich auf den Punchingball freut, den er zu Weihnachten bekommen soll, weil er Max Schmeling nacheifert; Ulrich „Uli“ von Simmern, sensibel und furchtsam, der noch vor Weihnachten beweisen will, dass er kein Feigling ist, und der intelligente und komplizierte Sebastian Frank, der Weihnachten und das gegenseitige Beschenken eigentlich für sinnlos erachtet, sich aber dennoch an die Tradition halten will. Dazu kommen als Erwachsene Dr. Johann „Justus“ (der Gerechte) Bökh, der von allen verehrte Hauslehrer des Internats, sowie der „Nichtraucher“, offenbar ein freundlicher Gelegenheitspianist, der in einem ausrangierten Nichtraucherwaggon der Reichsbahn lebt.

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Das fliegende Klassenzimmer (Von My Video) 1954

Egon Erwin Kisch

Er wurde am  29. April 1885 in Prag als  zweiter von fünf Söhnen des jüdischen Tuchhändlers Hermann Kisch und seiner Frau Ernestine geboren. Sein ursprünglicher Name war Egon Kisch, den zweiten Vornamen Erwin begann er erst später als sein literarisches Pseudonym zu verwenden. Die Familie wohnte in einem Renaissancehaus „Zu den zwei goldenen Bären“ in der Prager Melantrichgasse (heute Melantrichova); im Erdgeschoss des Hauses befand sich ihre Tuchhandlung. Seine ersten Schuljahre verbrachte er in privaten Schulen, die sich in katholischen Klöstern befanden. 1891 lernte er in der Seidlschen Schule im Servitenkloster zu St. Michael, ab 1892 in der sogenannten Piaristenschule am Piaristenkloster. Ab 1895 besuchte er die Realschule – die kaiserlich-königliche Erste Deutsche Staatsschule in Prag in der Nikolandergasse, die im Volksmund als Nikolander-Schule bekannt war. Viele seiner Schulerfahrungen verwendete er später in seinen Erzählungen und Reportagen. Kischs Vater starb 1901. 1903 konnte Egon dank der finanziellen Unterstützung seiner Mutter seine erste weite Reise machen: Er besichtigte verschiedene Orte in Österreich und Bayern und schrieb seine Eindrücke von dieser Reise in einem Tagebuch auf. Im Oktober desselben Jahres begann er an der Technischen Hochschule in Prag zu studieren, wechselte jedoch nach einem Semester an die deutschsprachige Karl-Ferdinands-Universität, wo er Vorlesungen über Geschichte der deutschen Literatur und Geschichte der mittelalterlichen Philosophie belegte. In dieser Zeit wurde er Conkneipant der Saxonia Prag im Burschenbunds-Convent. Er focht mehrere Säbelmensuren: Im Ausschank eines jüdischen Branntweinhändlers in der Zigeunergasse gegen den Obmann des deutschvölkischen Vereins Germania; in der Garage eines deutschen Hotels in der Neustadt gegen einen Kontrahenten, der später im tschechisch-nationalen Leben der neugegründeten Republik eine Rolle spielte; und in einem verfallenen Klostertrakt gegen einen jüdischen Arzt aus Czernowitz. Er verfasste eine Abhandlung über das Prager Mensurwesen (enthalten in Aus Prager Gassen und Nächten).
Im Oktober 1904 begann er seinen Militärdienst bei der k.u.k. Armee. Als Absolvent der Realschule konnte er den Dienst als Einjährig-Freiwilliger ableisten; auf Grund seiner Haltung kam es zu häufigen Konflikten zwischen ihm und seinen Vorgesetzten (die ihn für einen Anarchisten hielten), so verbrachte er einen großen Teil des Jahres im Arrest. Kisch erhielt zum Ende seiner Dienstzeit nicht die für Einjährig-Freiwillige übliche Beförderung zum Reserveoffizier, sondern wurde im Rang eines Korporals entlassen.

Im Arrest kam er zum ersten Mal in Kontakt mit verschiedenen linksorientierten Gegnern des in Österreich-Ungarn herrschenden Systems, die er später so beschrieb:
„Freiheitsfanatiker, Antiautoritäre, Gleichheitsschwärmer, voller Hass gegen Duckmäuser und Streber und Militarismus, wenn auch nicht aus politischer Überzeugung oder aus sozial bewussten Gründen […] Sie haben mir viel von kostbarem Hass gegen die privilegierte Gesellschaft gegeben, und ich danke es ihnen ehrlich.“

Eine der letzten Aufgaben Kischs während seiner Tätigkeit für die Bohemia und gleichzeitig eine seiner größten Errungenschaften als Reporter war der investigative Journalismus in Gestalt der Offenlegung der Affäre um den Selbstmord des Obersten Alfred Redl. Redl, der für das Evidenzbüro – den k.u.k. Militärnachrichtendienst – arbeitete, wurde als russischer Spion enttarnt und beging schließlich am 25. Mai 1913 Selbstmord. Der Generalstab sah durch diese Affäre die Monarchie kompromittiert und suchte sie zu vertuschen, was durch Kischs Veröffentlichung vereitelt wurde. Schon in der Ausgabe der Bohemia vom 28. Mai veröffentlichte er eine kurze Notiz, in der zu lesen war:
„Von hoher Stelle werden wir um Widerlegung der speziell in Militärkreisen aufgetauchten Gerüchte ersucht, dass der Generalstabschef des Prager Korps, Oberst Alfred Redl, der vorgestern in Wien Selbstmord verübte, einen Verrat militärischer Geheimnisse begangen und für Russland Spionage getrieben habe.“

Das angebliche Dementi erreichte sein Ziel. Durch die Notiz erfuhren nicht nur die breite Öffentlichkeit, sondern sogar der österreichische Kaiser Franz Joseph und der Thronfolger Franz Ferdinand von der größten Spionageaffäre vor dem Ersten Weltkrieg; sie war nicht mehr geheim zu halten. Seine Recherchen über Redl beschrieb Kisch detailliert im Buch Der Fall des Generalstabschefs Redl, das 1924 herausgegeben wurde.

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Egon Erwín Kisch – Redl